Der Weg zum nachhaltigen Unternehmen

30.04.2021

Eine nachhaltige Unternehmensführung wird von mehr und mehr Stakeholdern, also Kund:innen, Lieferanten, Businesspartnern, der Politik und der Öffentlichkeit gefordert. Jedes Unternehmen, unabhängig von Branche und Produkt oder Dienstleistung muss sich dieser Herausforderung stellen, wenn es wettbewerbsfähig bleiben möchte. Gerade Unternehmen aus den Life Sciences stehen hier vor vielen Herausforderungen, je nachdem ob man ein forschendes Unternehmen ist, Hersteller von Geräten, Verbrauchsmaterialien oder auch als Laborhändler auftritt. Strenge regulatorische Vorgaben und Entscheidungen für oder gegen Technologien, Methoden und Prozesse machen es schwierig, Änderungen durchzusetzen. Gleichzeitig ist der Ressourcenverbrauch im Laborbetrieb und Forschungsalltag hoch. Hersteller müssen sich auf der anderen Seite gerade diesen gestiegenen Anforderungen ihrer Kund:innen stellen und auf deren Nachhaltigkeitsanforderungen eingehen. Themen wie Wasser- und Energieeinsparungen, Vermeidung von Abfällen, weniger Plastik und Verpackung sind nur einige davon, andere umfassen soziale Aspekte wie Chancengleichheit, Gender-pay-gap oder die Arbeitsbedingungen innerhalb ihrer Lieferkette, die das Bild ihres Unternehmens nach außen wie auch nach innen prägen.

Wie kann es nun als Unternehmen gelingen, diese unterschiedlichen Anforderungen aufzunehmen und Nachhaltigkeit im eigenen Unternehmen zu implementieren? Eine „one-fits-all“-Lösung kann es nicht geben. Vielmehr muss jede Organisation ihre eigenen Themen identifizieren, mit ihren Stakeholdern ins Gespräch treten und in die Umsetzung kommen.

In diesem Beitrag werden 6 Schritte aufgezeigt, die als Orientierung auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit dienen – egal, um welche Branche es sich handelt. Sie orientieren sich an den Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung – denn richtig genutzt ist die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts eines der wertvollsten Instrumente aus dem Methodenkoffer des Nachhaltigkeitsmanagements. Parallel dazu geben die Sustainable Development Goals (SDGs) einen klaren Orientierungsrahmen zur Breite der Nachhaltigkeitsthemen. Beides gemeinsam gibt Ihnen Struktur und Verlässlichkeit, um das Thema ganzheitlich in ihrem Unternehmen umzusetzen.

 

Schritt 1: Unternehmenskontext – ihre Einordnung

Bevor sie ihren Weg definieren, sollten Sie zunächst einen Schritt zurückgehen und sich mit ihrem unternehmensspezifischen Nachhaltigkeitskontext auseinandersetzen:

    • Was bedeutet Nachhaltigkeit für uns?
    • Wie ist unsere unternehmensspezifische Definition?
    • Und vor allem: Wo stehen wir in puncto Nachhaltigkeit und was ist unsere Vision?

Lösen Sie sich vom alltäglichen Geschäft und gehen Sie bewusst ein „Thinking out of the box“ ein. Fragen sie sich, nach der Vision, dem Ziel ihres Unternehmens und wie sie zu Nachhaltigkeit beitragen können. In ihrem TED-Talk „Our little world“ hat die Gründerin der non-profit-Organisation My Green Lab Allison Paradise gezeigt, wie dieses „Thinking out of the box“ sie selbst inspiriert hat.

 

 Schritt 2: Status quo – ihr Ausgangspunkt 

Heutzutage fängt eigentlich kein Unternehmen von Null an und in vielen Bereichen sind bereits Nachhaltigkeitsaktivitäten vorhanden. Dies muss gar nicht die Aufsetzung eines Umweltmanagementsystems sein, sondern auch vermeintlich kleine oder für Sie „selbstverständliche“ Aktivitäten fallen darunter. Bilden Sie aus? Arbeiten Sie mit regionalen Zulieferern zusammen und legen Sie Wert auf Qualität und Langfristigkeit? Haben Sie ein Energiesparprogramm aufgelegt? Und so weiter.

Folgende Fragen dienen als Bestandsanalyse, und bringen eine erste Struktur in ihre Aktivitäten.

    • Welche Aktivitäten im sozialen / ökologischen Bereich gibt es bereits bei uns?
    • Welche Instrumente und Managementsysteme nutzen wir?

Tragen Sie all ihre Aktivitäten im ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Bereich zusammen. Oftmals ergibt sich hier bereits ein ganzer Reigen an Maßnahmen und man sieht erstaunt, was bereits gemacht wird. Bedenken Sie dabei: auch die sozialen Aktivitäten zählen dazu oder das Vorhandensein eines Qualitätsmanagements. Gerade für KMUs kann diese Bestandsaufnahmen sehr hilfreich sein – hier gibt es oftmals keine explizite Stelle, aber im täglichen Geschäft wird vieles bereits automatisch gemacht.

Die Bestandsaufnahme hilft Ihnen, eine erste Struktur in ihre Aktivitäten zu bringen. Gleichzeitig erkennen Sie kritische Punkte und Baustellen, die Sie angehen sollten. Nicht umsonst ist das Nachhaltigkeitsmanagement an vielen Stellen eng mit dem Risikomanagement verknüpft.

Sie haben nun eine große Liste an Aktivitäten und ersten Ideen. Clustern Sie diese in verschiedene Bereiche und setzen Sie im nächsten Schritt erste Schwerpunkte.

 

Schritt 3: Fokussierung – ihre Themen

Vom großen Ganzen brechen Sie ihre gesammelten Aktivitäten nun weiter herunter auf die Themen, die mit der eigenen Nachhaltigkeitsdefinition eng verknüpft sind und am wichtigsten erscheinen, eruieren die damit verbundenen Aspekte und möglichen Auswirkungen.

    • Was sind unsere wesentlichen Themen?
    • Welche Aspekte und Auswirkungen sind damit verbunden?

Orientierung in diesem Prozess können die Sustainable Development Goals (SDGs) geben, die man als Fahrplan für die eigene Nachhaltigkeitsstrategie nutzen kann. Die SDGs bilden mit 17 Zielen und 169 Unterzielen die gesamte Breite der Nachhaltigkeitsthematik ab.

Ergänzen Sie also ihre Fragen um:

    • Welche SDGs sind relevant für uns?
    • Wie können wir dazu beitragen?

Damit stellen Sie einen umfassenden Blick sicher. Denn gerade in technologieorientierten Unternehmen treten im Nachhaltigkeitskontext oftmals Themen wie Ressourceneffizienz und technische Lösungen in den Vordergrund und der Fokus liegt auf Umweltthemen. Das ist wichtig, aber erschöpft das Thema nicht. Soziale und ökonomische Themen gehören genauso dazu – denn nachhaltiges Wirtschaften bedeutet, Gewinn zu erwirtschaften ohne die sozialen und ökologischen Ressourcen zu übernutzen und sich als Unternehmen seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst zu sein.

 

Schritt 4: Fragen, Fragen, Fragen – ihre Stakeholder

Natürlich hat man als Unternehmen vielfältigen Kontakt an den verschiedensten Punkten mit seinen Lieferanten, Kunden, Projektpartnern oder auch dem Mitbewerb. Diese Kontakte sind gut und hilfreich – aber wichtig ist an dieser Stelle noch etwas anderes. Als Unternehmen haben Sie in Schritt 3 Ihre Themen bestimmt, haben eruiert, welche Aspekte davon betroffen und welche Auswirkungen auf das Unternehmen damit verbunden sind. Ein Unternehmen bestimmt für sich seine wichtigen Themen – aber wie sehen das die Anspruchsgruppen, neudeutsch Stakeholder?

    • Welche Auswirkungen haben die Tätigkeiten eines Unternehmens auf die Kunden, Mitarbeitenden, Lieferanten und weitere Gruppen?
    • Welche Themen sind für Stakeholder wesentlich?

Nur durch die Befragung und den kontinuierlichen transparenten Austausch mit seinen Stakeholdern kann ein Unternehmen auf Entwicklungen aus seinem Umfeld reagieren. Treten Sie auch mit kritischen Stakeholdern in Kontakt. Wie sie dies als Unternehmen umsetzen, ist sehr individuell. Einige nutzen online-Umfragen, andere veranstalten Stakeholder-Events oder befragen Experten aus verschiedensten Bereichen, die stellvertretend für eine Stakeholdergruppe ihre Expertise zu einem bestimmten Themenbereich beitragen. Oftmals ist es auch eine Mischung aus verschiedenen Formaten. Wichtig dabei ist, die zentrale Fragestellung beizubehalten – die Frage nach den Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf die jeweilige Stakeholdergruppe. Und vergessen Sie nicht ihre wichtigste Stakeholdergruppe: ihre Mitarbeiter.

 

 Schritt 5: Umsetzung – ihre Maßnahmen

Sie haben nun eine Menge an Input, Themen und ersten Idee erhalten. Ordnen, gewichten und priorisieren Sie das gesamte Spektrum an Informationen, das sie erhalten haben. Gleichen Sie ihre Themen, die sie als Unternehmen haben, mit der Außensicht ab – vielleicht verschieben sich Prioritäten oder neue Aspekte sind dazugekommen. Entscheiden Sie sich für die Themen, die Sie angehen möchten. Wenn Sie ziemlich am Anfang stehen, können 3 – 5 bereits ausreichen. Weniger ist mehr – lieber richtig als nur kleine Ansätze hier und da. Es sind ja keine Themen verloren, sondern nur in der Priorisierung etwas weiter hinten auf ihrer Liste.

Ausgehend von ihren Themen entwickeln Sie Ideen, um ihre Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln und voranzubringen:

    • Welche Ziele möchten wir erreichen?
    • Was sind unsere nächsten Schritte?
    • Haben wir alle Informationen?
    • Welche Ressourcen werden benötigt, um die Maßnahmen umzusetzen?
    • An welchen Kennzahlen messen wir unsere Fortschritte?

An diesen Fragen sieht man bereits, dass an dieser Stelle oft noch viel Recherchearbeit nötig ist, um die notwendigen Informationen zusammenzutragen. Aber auch hier lohnt sich das Investment, um einen klaren Überblick zu erhalten. Gleichzeitig sollten parallel sinnvolle Kennzahlen definiert werden, um den Fortschritt messen zu können. Aber dieser Prozess – einmal aufgesetzt – bringt sie weiter zu ihrem Ziel: der Verankerung im Unternehmen.

 

Schritt 6: Verankerung – ihr Ziel

Nachhaltigkeit im Unternehmen zu etablieren, ist keine einmalige Angelegenheit, sondern ein Prozess, der immer wieder neu durchdacht und modifiziert werden muss. Um ihn zu verankern und zu begleiten, helfen unter anderem folgende Fragen:

    • Wie erfolgt die Einbindung in die Unternehmensstruktur und Verankerung im Unternehmen?
    • Wo gibt es mögliche Hürden und Zielkonflikte und wie können diese entfernt werden?
    • Welche Regeln und Prozesse sind etabliert? Wie bringen sich unsere Mitarbeiter ein und können mit ins Boot geholt werden?
    • Wie kommen wir vom Wissen zum Handeln?

An dieser Stelle geht es um die Frage, wie das Thema in die Organisation getragen wird. Verschiedene Modelle sind möglich. Viele große Unternehmen haben eine eigene Stabsstelle Nachhaltigkeit, die direkt auf der Ebene der Geschäftsführung verankert ist. Diese ist beratend aber ohne Weisungsbefugnis tätig. Bei kleineren Unternehmen hat vielleicht der Umweltschutzbeauftragte, die QM-Managerin oder der Verantwortliche für die Arbeitssicherheit noch den Hut des „Nachhaltigkeitsbeauftragten“ auf. Ganz wichtig dabei: vieles kann man delegieren, aber Nachhaltigkeit ist Chefsache. Nachhaltiges Handeln lebt von Vorbildern und vom Vorleben.

Um das Thema in die Breite zu tragen, braucht es aber noch mehr – beispielsweise einen Beauftragten in jeder Abteilung, der sich mit um das Thema kümmert, Ideen aufnimmt und Initiativen voranbringt. Auch runde Tische beziehungsweise ein Gremium, das sich monatlich oder vierteljährlich trifft, unterstützt die Verankerung. Wichtig sind Kontinuität und mehrere Engagierte, die sich des Themas mit Herzblut annehmen – so kommt man vom Wissen ins Handeln.

Zu guter Letzt: Nachhaltigkeit hat noch immer den Touch der vermeintlichen „Unvereinbarkeit“ von Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit. Aber erstens kommen wir an dem Thema in Zeiten einer sich immer weiter verschärfenden Klimakrise nicht mehr vorbei und zweitens können mit einer genauen Analyse nicht nur Risiken entdeckt, sondern auch Potenziale aufgedeckt werden, damit ihr Unternehmen auch in Zukunft am Markt bestehen kann.

 

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Nehmen Sie Kontakt mit mir auf und ich unterstütze Sie auf Ihrem Weg zum nachhaltigen Unternehmen

 

Weiterlesen und informieren:

[1]  Wie geht Nachhaltigkeit in den Life Sciences

[2] Nachhaltigkeit in Unternehmen und Forschung – eine soziale Betrachtung

[3] Warum sich Nachhaltigkeitsberichterstattung lohnt

[4] Reporting for Change: Wie CSR-Berichte ein Unternehmen verändern

[5] Karmacom – Blog zu den SDGs:  https://www.karmacom.de/blog/

[6] SDG – Handbuch (Heiner Weigand, Karmacom GmbH): https://www.karmacom.de/praxishandbuch-sdg/

[7] Expertenpanel zur Stakeholderbefragung nutzen: www.twenty.blue/expert-consulting/build-a-panel/

[8] Nachhaltiges Personalmanagement im Fokus: www.search-notchdelta.com/csr-im-hr-management

Dr. Kerstin Hermuth-Kleinschmidt
Dr. Kerstin Hermuth-Kleinschmidt
Mit meinem naturwissenschaftlichen Hintergrund, Branchenerfahrung und Nachhaltigkeitsexpertise unterstütze ich Sie auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit – im Labor und im Unternehmen!
Dr. Kerstin Hermuth-Kleinschmidt
Dr. Kerstin Hermuth-Kleinschmidt
Mit meinem naturwissenschaftlichen Hintergrund, Branchenerfahrung und Nachhaltigkeitsexpertise unterstütze ich Sie auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit – im Labor und im Unternehmen!