Mission impossible … oder die Frage, ob Wissenschafter:innen ihre Laborarbeit auch umweltfreundlich gestalten können.
Wir sparen Energie, wir vermeiden Plastik und zur Arbeit fahren wir mit dem Rad, dem Bus oder der Straßenbahn. Aber dann betreten wir das Labor – und jetzt wird es schwierig, denn:
- allein ein Laborgebäude benötigt im Schnitt 3–5-mal mehr Energie und Wasser als ein normales Bürogebäude
- unsere Proben lagern in -80°C-Freezern, von denen jeder mindestens so viel Energie benötigt wie ein Einfamilienhaus
- wir nutzen eine große Menge an Verbrauchsmaterialien aus Plastik, um sicherzugehen, dass unsere Proben sicher sind und nicht kontaminiert werden, schließlich müssen unsere Experimente klappen und das nächste Paper wartet schon auf die Veröffentlichung. Aber dieser Workflow hat auch seinen Preis: 5,5 Millionen Plastikmüll erzeugen die Life Science – Labore pro Jahr weltweit. Diese Zahl stammt übrigens aus dem Jahr 2014 und die Frage stellt sich, ob sie zwischenzeitlich geringer geworden ist?
Aber was tun? Schließlich müssen Proben sicher gelagert werden und Plastik kann nicht so einfach reduziert oder ersetzt werden. Viele Labormitarbeitende haben sich in den letzten Jahren aber genau dazu Gedanken gemacht und überlegt, wie der ökologische Fußabdruck der eigenen Laborarbeit verringert werden kann. Zwischenzeitlich gibt es eine Vielzahl an Tipps und Checklisten im Netz, wie beispielsweise dieser Leitfaden der iGEM-goes-green Gruppe der TU Dresden, diese Checklisten des University College London oder diese Tipps von labconscious.
Diese Tipps und Guidelines sind ein guter Startpunkt – aber am Ende ist jedes Labor anders und hat individuelle Fragestellungen, Hürden und Probleme. Ein Vorschlag, der für ein Labor gut umsetzbar ist, kann für die Nachbargruppe schwierig oder gar nicht anwendbar sein. Und es gibt weitere Bedenken wie:
- Diese Empfehlungen treffen auf uns nicht zu, zum Beispiel sind wir ein Chemielabor und Plastik ist für uns kein Thema.
- Unsere Methoden sind etabliert und können nicht geändert werden.
- Wir haben bereits alle unsere Routinen optimiert – keine Ahnung, was noch geändert werden kann.
Und jetzt? Hier bietet sich die ECOMAPPING-Methode and, die Labore dabei unterstützt, einen individuellen Maßnahmenplan zu erstellen.
Fokus auf die Umweltauswirkungen
Das Ecomapping wurde ursprünglich für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) entwickelt, die ein Umweltmanagementsystem nach EMAS entwickeln wollten. Aber es kann – mit wenigen Anpassungen – auch auf Labore angewandt werden. Kern der Methode ist der Fokus auf die Umweltauswirkungen, die durch die Laborarbeit entstehen. Dazu gehören:
- Abfälle (teilweise toxisch, gesundheitsschädlich..)
- Wasser und Abwässer
- Energieverbrauch
- Emissionen (dazu zählt auch Lärm)
- Lagerung (z.B. von Chemikalien)
- Sicherheit
- Chemikalien und Verbrauchsmaterialien
Mit Hilfe der ECOMAPPING-Methode werden all diese Umweltaspekte vor Ort durch das Laborteam unter die Lupe genommen. In der Praxis funktioniert das folgendermaßen:
- Das Kernstück ist eine fokussierte Laborbegehung
- Es wird ein Team aus mindestens sieben Leute zusammengestellt
- Jedes Teammitglied fokussiert sich auf einen Aspekt, z.B. Energie
- Zu jedem Aspekt gibt es eine Checkliste, die als Orientierung dienen soll
- Jede:r erhält einen Grundrissplan, auf dem die Laborräume sowie angrenzende Räume wie Büros oder Lagerräume eingetragen sind (das wird die Ecomap)
- Für die Dokumentation hat jede:r eine Kamera (Smartphone oder Tablet reichen aus)
So ausgerüstet geht es nun ins Labor*
Das gesamte Team geht durch die Laborräume und jede:r Einzelne fokussiert sich nur auf den eigenen Aspekt, z.B. auf Chemikalien und Verbrauchsmaterialien oder Energie. Fällt etwas auf, wie z.B. ein Gerät in Stand-by oder nicht getrennter Müll, so wird dies direkt in die eigene Ecomap eingetragen. Wer direkt eine Idee hat, wie das Problem beseitigt werden kann, schreibt das gleich mit dazu.
Wichtig ist dabei, alles was einem aufgefallen ist, direkt in der Ecomap folgendermaßen zu priorisieren:
- Priorität A: Muss sofort geändert werden
- Priorität B: Muss zeitnah geändert werden
- Priorität C: Sollte geprüft und eventuell geändert werden.
und ein Photo zu erstellen!
Jedes Team erhält außerdem eine Checkliste mit Anregungen, worauf es achten sollte. Das Energieteam wird zum Beispiel Fragen erhalten wie:
- Kennen wir den Stromverbrauch unserer Geräte?
- Sind die Geräte im Standby-Modus oder ausgeschaltet?
- Kennen wir die Aufheizzeiten?
- Wann werden die Geräte normalerweise eingeschaltet? (Direkt am Morgen oder angepasst an die Aufheizzeiten).
- Haben die Geräte eine hohe Heizlast?
- Stehen sie an der richtigen Stelle, um die Wärme abzuführen?
Hier ein Beispiel dazu:
Und hier sind die Eintragungen in die einzelnen Grundrisspläne (die ECOMAPs):
Den eigenen Maßnahmenplan erstellen
Am nächsten Tag werden all diese Ergebnisse zusammengetragen und die in den einzelnen Ecomaps festgehaltenen Erkenntnisse gemeinsam analysiert. Dabei kann es vorkommen, das den verschiedenen Teams die gleichen Dinge aufgefallen sind – das ist nicht schlecht, sondern sogar erwünscht, da eine Routine oder eine Methode verschiedene Umweltauswirkungen haben kann.
In diesem Rahmen werden offene Fragen und Herausforderungen diskutiert und die erarbeiteten Ideen nach verschiedenen Kriterien, wie Kosten, Machbarkeit oder Einfluss auf die tägliche Arbeit gemeinsam bewertet.
Am Ende steht Aktionsplan, der Folgendes umfasst:
- Konkrete Maßnahmen
- Budget (oder auch nicht, denn viele Maßnahmen kosten nichts)
- Fristen, bis zu denen die Maßnahmen umgesetzt werden sollen
- Verantwortlichkeiten
- Wiedervorlage zur Überprüfung Ihrer Maßnahmen
Wie kann ein Maßnahmenplan konkret aussehen – ein Beispiel
- Keine Verwendung von Aluminium mehr beim Autoklavieren von Bakterienkulturen. Stattdessen werden Verschlusskappen aus Metall verwendet.
- Aufkleber an den Geräten erinnern daran, diese bei Nichtgebrauch auszuschalten, um Stand-by zu vermeiden.
- Aufkleber erinnern daran, Autoklaven und Spülmaschinen nur zu betreiben, wenn sie voll beladen sind
- Da die Kühlung mit Eis viel Wasser und Energie zur Herstellung von Eis erfordert, werden Alternativen getestet.
- Ein Konzept für die gemeinsame Nutzung von Geräten ist in Arbeit.
- Leitlinien für eine nachhaltige Beschaffung werden entwickelt, Nachhaltigkeitssiegel wie ACT, EGNATON-CERT und Energy Star werden in Zukunft in Betracht gezogen.
- Neue Mitarbeitende erhalten routinemäßig ein Nachhaltigkeitstraining
Dies sind nur einige Beispiele, die sich nach Anwendung der ECOMAPPING-Methode ergeben können – und die meisten dieser Maßnahmen kosten ein Labor nichts.
In a nutshell…
Die ECOMAPPING-Methode …
- ist für jedes Labor geeignet, sei es ein molekularbiologisches, chemisches oder analytisches Labor
- ist leicht durchführbar
- wird mit einer einfachen Dokumentation geliefert
- schärft das Bewusstsein in Ihrem Team für die eigenen Arbeitsabläufe
- fördert die Teamarbeit
- kann Ihr erster Schritt zum Aufbau eines Umweltmanagementsystem sein
* Die Ecomapping Methode basiert auf dem Ecomapping/EMASeasy™ – Konzept, welches ursprünglich von Heinz Werner Engel entwickelt wurde und in DACH von der WUQM Consulting verbreitet wird.